Was hat dich dazu bewogen, einen Job im Ingenieurwesen anzustreben?
Als ich jünger war, hörte ich oft das Wort "Ingenieurwesen", aber ich verstand nicht wirklich, was es bedeutete und welche verschiedenen Disziplinen es umfasste. Ich besuchte eine reine Mädchenschule sowie die Oberstufe, und uns wurde das Ingenieurwesen nicht wirklich als berufliche Option vorgestellt. Meine Mitschülerinnen interessierten sich nur wenig für Ingenieurwissenschaften, aber ich glaube, das lag vor allem daran, dass wir nicht wussten, was Ingenieure eigentlich tun. Ich hatte aber schon immer eine Vorliebe für Naturwissenschaften und Mathematik und eine kreative, künstlerische Seite, die ich unbedingt erkunden wollte - also begann ich selbst zu forschen.
Ursprünglich wollte ich Architektur studieren. Das änderte sich, als in meinem Heimatland Uganda eine neue Autobahn gebaut wurde, die sich enorm positiv auf das Leben der Menschen auswirkte und die Reisezeit zwischen zwei grossen Städten verkürzte. Dieses Ereignis öffnete mir die Augen für die transformative Kraft von Infrastruktur, und ich begann, nach Möglichkeiten zu suchen, mich in diesem Bereich einzubringen. Beim Tag der offenen Tür an der Universität stellte ich viele Fragen zu Ingenieurstudiengängen und schaute mir YouTube-Videos von Ingenieurinnen an, die mir zeigten, wie der Beruf und die Branche wirklich sind. All das führte dazu, dass ich mich für den Studiengang Bauingenieurwesen entschied.
Wie hast du dich als weibliche Absolventin eines Ingenieurstudiums in deine Rolle eingefunden?
Ich bin die Jüngste in meinem Team und das einzig, konstante weibliche Teammitglied. Das mag für manche einschüchternd wirken, ich habe mich aber vom ersten Moment an sehr unterstützt gefühlt, dass mein Geschlecht nie wirklich eine Rolle gespielt hat. Alle waren viel mehr daran interessiert, meine Entwicklung zu fördern und mir bei Fragen zu helfen. Ausserdem habe ich viele Möglichkeiten, meine Sichtweise zu Arbeitsabläufen und Aufgaben einzubringen, wodurch ich mich im Team wirklich wertgeschätzt fühle.
Als diplomierter BIM-Informationsmanager ist es meine Aufgabe, die Modell- und Datenkonformität in Projekten zu überprüfen. Tatsächlich habe ich festgestellt, dass es hier eine unglaubliche Vielfalt gibt. Meine Arbeit besteht darin, verschiedene Teams – von Designmanagern bis hin zu Fachunternehmern – zusammenzubringen, indem ich Koordinationssitzungen leite und Daten überprüfe, um sicherzustellen, dass sie den Projektanforderungen entsprechen.
Ich hatte sogar die Möglichkeit, an externen Projekten mit anderen Unternehmen der Morgan-Sindall-Gruppe mitzuarbeiten, was mir viel Erfahrung und Wissen eingebracht hat. Was ich sagen kann, ist, dass ich von der Anzahl der weiblichen Ingenieurinnen, mit denen ich im Unternehmen zu tun habe, angenehm überrascht war, denn das Geschlechterverhältnis ist definitiv besser als an der Universität. Aber insgesamt, weil der Fokus der anderen auf meinem Fortschritt und nicht auf meinem Geschlecht liegt, habe ich bereits sehr viel gelernt und wachse kontinuierlich – sowohl persönlich als auch beruflich.
Was denkst du, könnten wir besser machen, um mehr Frauen für Ingenieurberufe zu begeistern?
Ich habe mich schon immer für soziale Werte interessiert und war daher sehr erfreut, als ich entdeckte, dass BakerHicks eine eigene D&I-Gruppe hat, in der ich aktiv mitarbeiten kann. Im letzten Jahr habe ich mich an den Grassroots Connections beteiligt und dabei geholfen, junge Menschen für den Ingenieurberuf zu sensibilisieren, die ihn vielleicht nicht als Berufsweg in Betracht gezogen haben. Ich habe an Berufsmessen teilgenommen, Workshops zum Thema digitales Bauen gegeben und an der Entwicklung eines BIM-Praktikums für Sommerpraktikanten mitgearbeitet. Es war unglaublich bereichernd, mit meinen Fähigkeiten dazu beizutragen, dass junge Menschen herausfinden, was unsere Branche ausmacht.
Auch ausserhalb von BakerHicks setzt du dich sehr dafür ein, junge Mädchen für die Branche zu begeistern. Kannst du uns mehr darüber erzählen?
Ich bin eines der Gründungsmitglieder von Girls Under Construction, einer Plattform, die junge Frauen für eine Karriere in der Baubranche begeistern will. In diesem Rahmen habe ich Praktika vor Ort koordiniert, an Berufsmessen teilgenommen und Kampagnen in den sozialen Medien durchgeführt, um das Bewusstsein dafür zu schärfen. Das alles ist äusserst erfüllend, und ich hoffe, dass dadurch mehr Mädchen und junge Frauen den Weg finden, das Ingenieurwesen als mögliche Karriereoption für sich zu entdecken. Ich bin wirklich stolz auf die Arbeit, die wir bisher geleistet haben.
In diesem Jahr werde ich im Rahmen meines Engagements als Miss Caribbean and Commonwealth zudem an mehreren Programmen zur Kompetenzentwicklung für junge Frauen beteiligt sein. Das Programm im Vereinigten Königreich richtet sich an junge Frauen im Alter von 16 bis 18 Jahren und legt den Fokus auf den Ausbau von Selbstbehauptung, Selbstwahrnehmung und Selbstmanagement, um sie gezielt auf ihre berufliche Zukunft vorzubereiten. Ein ähnliches Programm werde ich dann in Uganda in Zusammenarbeit mit Smart Girls Uganda im Rahmen der Initiative Girls with Tools durchführen, einem Berufsausbildungsprogramm, das jungen Frauen praktische technische Fähigkeiten vermittelt. Ich denke, es ist wirklich wichtig, jungen Frauen zu helfen, Selbstbewusstsein zu entwickeln, und ihnen zu zeigen, dass Ingenieurinnen nicht dem Klischee entsprechen müssen, das sie vielleicht erwarten. Ich empfinde es als grosses Privileg, eine Plattform zu haben, um genau das sichtbar zu machen.
Welchen Rat würdest du jungen Mädchen geben, die sich für eine Karriere als Ingenieurin interessieren?
Hab keine Angst davor, Technik zu erforschen. Auch wenn niemand in deinem Umfeld darüber spricht. Das war meine Erfahrung, aber das heißt nicht, dass die Branche nicht offen für dich ist. Ausserdem gibt es so viele verschiedene Wege in diesem Bereich, dass es wichtig ist, sich Zeit zu nehmen, um herauszufinden, was dich am meisten reizt und was zu dir passt.
Es kann eine grosse Hilfe sein, wenn du dich an Leute wendest, die bereits in der Branche arbeiten. Zögere nicht, Fragen zu stellen. Die meisten sind gerne bereit, ihren Werdegang zu teilen – eine unschätzbare Gelegenheit, um einen authentischen Einblick in den Ingenieurberuf und die vielfältigen Wege dorthin zu erhalten.
Am wichtigsten ist, dass du glaubst, dass du dazugehörst. Deine Perspektive ist wertvoll – und die Branche braucht mehr vielfältige Stimmen, um die Zukunft unserer gebauten Umwelt mitzugestalten.