Kannst Du uns etwas über Deinen Werdegang erzählen?
Ich wurde hochgradig hörgeschädigt geboren und hatte während meiner gesamten Schulzeit mit Sprachbarrieren zu kämpfen. Ich wurde auf eine allgemeinbildende Schule geschickt und auf Englisch unterrichtet, ohne Unterstützung durch Gebärdensprache. Ich war der einzige gehörlose Schüler und daher sowohl im Klassenzimmer als auch auf dem Schulhof isoliert. Erst als ich 16 Jahre alt war, bekam ich die Möglichkeit, Gebärdensprache zu lernen, als eine Gehörlosenlehrerin an meine Schule kam. Sie half mir, meine Kenntnisse der Britischen Gebärdensprache (BSL) zu verbessern, und ermutigte mich, mich mit anderen Gebärdensprachbenutzern zu treffen. BSL wurde später meine Hauptsprache.
Trotz der Sprachbarriere schaffte ich es, mein Studium erfolgreich abzuschliessen und meinen Traum, Architekt zu werden, an der Glasgow School of Art zu verwirklichen. Aber dieser nächste Schritt brachte auch Herausforderungen mit sich, denn um erfolgreich zu sein, brauchte ich einen langfristigen Dolmetscher, was schwierig zu finden war, und so musste ich auf jeden verfügbaren Dolmetscher zurückgreifen, anstatt einen fest angestellten Dolmetscher zu engagieren. Aber ich habe diese Herausforderungen gemeistert, meine Qualifikation erworben, angefangen zu arbeiten und jetzt habe ich meine Teil-3-Prüfung bestanden und damit meinen Traum verwirklicht.
Herzlichen Glückwunsch zur bestandenen Teil-3-Prüfung. Kannst Du uns mehr über den Ablauf erzählen - was hat Dir Spass gemacht und welche Herausforderungen musstest Du überwinden, um die Prüfung zu bestehen?
Der Weg zu Teil 3 dauerte länger, als ich es mir gewünscht hätte, da er durch die Pandemie unterbrochen wurde. Das brachte zusätzliche Herausforderungen mit sich, da ich Hausaufgaben machen und viele PEDR-Formulare (Logbücher) einreichen musste. Aber die grösste Herausforderung waren wohl die Prüfungen und die Sprachbarriere. Ich stand im Vorfeld in regelmässigem Kontakt mit den Organisatoren, die mir die nötige Unterstützung boten. Dazu gehörte auch, dass ich extra Zeit bekam, um die schriftlichen Arbeiten in BSL übersetzen zu lassen und meine Antworten ins Englische zu übersetzen. Das hat einen grossen Unterschied gemacht, denn so konnte ich die Prüfung in meiner eigenen Sprache ablegen.
Ich hatte das Privileg, ein Team von zwei Dolmetschern zu haben, die seit fünf Jahren mit mir zusammenarbeiten. Ich konnte mich darauf verlassen, dass sie die Fachsprache kannten, was eine enorme Erleichterung war, da Architekturbegriffe eine ganz andere Sprache sind und es oft keine bekannte BSL-Übersetzung gibt. Eines der wichtigsten Dinge, die man über Sprachen wissen muss, ist, dass sie sich durch den Gebrauch entwickeln, und wenn man keine Architekten hat, die die Gebärdensprache verwenden, gibt es keinen Bezugspunkt. Deshalb mussten wir im Laufe des Prozesses Zeichen für viele der technischen Begriffe entwickeln. Ich will die Zeichen, die ich entwickelt habe, in ein Glossar aufnehmen und hoffe, dass wir die Barrieren für andere, die wie ich durch diesen Prozess gehen, verringern können. Und vielleicht können wir eines Tages BSL und Architektur so weit entwickeln, dass es keine Barrieren mehr gibt.
Wie hat Dich BakerHicks während dieses Prozesses und generell in Deiner täglichen Arbeit unterstützt?
Ich habe diesen Monat vor einem Jahr bei BakerHicks angefangen, als ich noch mitten im Teil 3 Prozess war. Ich habe das Umfeld hier als sehr vorteilhaft empfunden. Vielfalt wird hier wirklich zelebriert und ich habe festgestellt, dass ich nicht mehr der Einzige im Team bin, dessen Muttersprache nicht Englisch ist. Es besteht auch ein echtes Interesse daran, voneinander zu lernen. Viele meiner KollegInnen nehmen zum Beispiel an einem BSL-Kurs von BakerHicks teil, damit sie mit mir in meiner ersten Sprache kommunizieren können. Das ist wirklich aufregend, denn es bedeutet, dass ich jetzt die Möglichkeit habe, mit meinen KollegInnen auf einer Eins-zu-eins-Basis zu arbeiten und zu kommunizieren, und das macht für mich einen echten Unterschied.
Was würdest Du gehörlosen Menschen raten, die eine Karriere in der Architektur oder im Ingenieurwesen anstreben?
Wenn es Dein Traum ist, Architekt zu werden, dann verfolge ihn. Es ist ein langer Weg und man muss diszipliniert sein. Es ist kein leichtes Studium, besonders für jemanden, der eine zweite Sprache spricht, aber wenn Du Dich am Ende Architekt nennen kannst, ist das Gefühl unbeschreiblich. Also, glaube weiter an Dich und lass Dich nicht davon abhalten, gehörlos zu sein.
Ich bin erst der zweite Gebärdensprachbenutzer, der in Schottland qualifiziert wurde, und ich hoffe, dass andere von meinen Erfahrungen lernen können. Ich möchte mit der veralteten Meinung aufräumen, dass Gehörlose bestimmte Dinge nicht können, und ein positives Vorbild für die Gehörlosengemeinschaft sein.
Hast Du einen Rat für KollegInnen, die mit Gehörlosen arbeiten?
Der beste Rat, den ich geben kann, ist, daran zu denken, dass Gehörlose in zwei Sprachen arbeiten. Wenn man gehörlos ist, kann man nicht hören lernen, das ist unmöglich, aber hörende Menschen können die Gebärdensprache lernen. Wenn Du das tust, wird sich dein Blickwinkel komplett ändern, Du wirst lernen, das Leben aus einer rein visuellen Perspektive zu sehen und verstehen, dass Menschen unterschiedlich sind, aber vor allem, dass wir alle Menschen sind.
Was kommt als nächstes?
Im Moment möchte ich mich einfach zurücklehnen und den Moment geniessen. Es war eine Menge Arbeit, für Teil 3 zu lernen, also möchte ich mich jetzt darauf konzentrieren, meine Erfahrungen als qualifizierter Architekt zu sammeln. Vielleicht schaue ich mich in Zukunft nach weiteren Qualifikationen um. Ich liebe das unterstützende Umfeld hier bei BakerHicks und wer weiss, vielleicht bin ich in 40 Jahren immer noch hier!
Im folgenden Video ist das Interview in BSL mit englischen Untertiteln zu sehen: